Wie ein „Opti-B-2. Reihe-Start“ mir die Meisterschaft sicherte…


// Lasertagebuch

…..zum dritten Mal Deutsche Meisterin!!

Hätte man mich vor der deutschen Meisterschaft am Greifswalder Bodden gefragt, wer Meisterin 2022 werden würde, hätte ich ehrlich gesagt ganz bestimmt nicht auf mich getippt. Mein größtes Ziel für die Regatta war es gut zu segeln und mein „der letzte Tag ist immer ein schlechter Segeltag“- Trauma loszuwerden. Aber dann hat die Tage einfach so ziemlich alles zusammengepasst, sodass ich nun zum dritten Mal Deutsche Meisterin geworden bin! #Hattrick

Die wohl größte Überraschung war aber im Vorherein, dass bei der Deutschen Meisterschaft vom 29.09.-03.10.2022 in Greifswald das gesamte Team Coolman ⛵ anwesend sein würde.

Nach einem Sommer mit nicht allzu viel Segelaktivität, lediglich der Teilnahme an größeren Segelevents wie der YES (Platz 7/ 41 Seglerinnen), der Kieler Woche (open: Platz 10/ 116 Segler*innen; olympisch: Platz 14/ 42 Seglerinnen) ,  dem ILCA-Europacup im Rahmen der Warnemünder Woche (Platz 2/ 30 Segler*innen) sowie der Landesmeisterschaft (Platz 2/ 12 Segler*innen) im SLSV stand nun endlich die IDM an.

Nach unserer Ankunft am Mittwoch ließen wir das MoBo ein kranen und erlitten erst mal einen Schock – das Motorboot sprang nicht an. Nach etlichen Versuchen klappte es irgendwann, doch an ein Training auf dem Wasser wollten wir an diesem Tag nicht mehr denken, da die Lösung für das Problem erst einmal gefunden werden musste. Zu unserem Gunsten stellte sich heraus, dass die Batterie randvoll war und lediglich die korrodierten Polklemmen das Übel hervorgebracht hatten. …da hieß es Polklemmen schleifen.

Am nächsten Tag folgte um 12:00 Uhr die Ausrüstungskontrolle ohne Beanstandungen für mich, sodass wir danach direkt eine erste Trainingseinheit auf dem Greifswalder Bodden einlegen konnten. Lukas von Levern, mein Trainingspartner aus dem SLSV, schloss sich unserem Trainingsschlag, nach durchlaufender Vermessung, an. Meine „Generalprobe“ war erbärmlich und ich stellte stolz fest, dass  Lukas sich den Sommer über seglerisch wirklich ziemlich weiterentwickelt hatte. Papa hatte schon Sorge, er hätte mich demoralisiert, doch vermutlich gab mir dies genau den „Biss“ und Aufschwung den ich für die Meisterschaft brauchte.

Am Freitag folgte, nach einer kurzen Startverschiebung auf dem Wasser, dann um 13:30 Uhr unser Ankündigungssignal zur ersten Wettfahrt. Mein guter Start sicherte mir eine aussichtsreiche Position auf der Kreuz. Mit voller Energie und Motivation, kämpfte ich mich in den 12-16 Knoten und leichter Welle, in Führung liegend zur ersten Luvbahnmarke und fuhr quasi einen Start-Ziel-Sieg.

Das zweite und dritte Rennen waren dann mit ein wenig mehr „Kampf“ verbunden. Nach einem grottigen zweiten Start musste ich mich freiwenden und segelte hinzukommend noch, auf Grund eines Windlochs von der rechten Kreuzseite ganz nach links. #ich war links 😉
Doch ich wurde belohnt, im zweiten Rennen Platz 2 und einen Lauf später noch Platz 3 im Ziel. Ein solider Einstieg in die Serie, keine Flaggen (wegen Unerlaubten Vortriebs) und keine Buchstaben (Frühstart o.ä.) – doch am Ende kackt die Ente!

Der zweite Segeltag war durch mehr Wind und etwas mehr Welle gekennzeichnet. Das vierte Rennen hielt einen Tagessieg für mich bereit und zu meiner Freude segelte nicht nur ich einen super ersten Lauf; Lukas fuhr ebenfalls seinen ersten Tagessieg der Meisterschaft ein!

Manchmal braucht man mehr Glück als Verstand… dies könnte man wohl für mein zweites Tagesrennen anwenden: Wir starteten unter Black-Flag, da die Jungs zuvor ziemlich unruhig in ihren Starts waren. Als bei ca. 40 Sekunden vor dem Start drei Boote in Luv von mir jemand einen „Halbwind-Linienraser“ machen wollte, wurde das Pulk von den 5 Boote am Pin-End recht unruhig. Ich als zweites Pin-End/Leeboot hatte mir eine gute Lücke erarbeitet und lag halbwindiger und tiefer als die Anderen, obendrein vertüdelte sich mein Cunningham und mein Baumniederholer so dermaßen, dass ich bis 5 Sekunden vor dem Start in meinem Boot rumtüdelnt versuchte den Knoten zu befreien. Erfolglos… aber mein Glück!
Als ich bei 5 Sekunden in dem ganzen Boot-Knoten-Chaos dann entschied, mit Knoten und halb angezogenen Streckern gen Linie loszufahren, waren die 3 Boote in Luv schon über der Linie und das Leeboot am anluven… ich fuhr m. E. als Einzige des fünfer Leeboot-Pulks keinen Frühstart.
Es kam zum allgemeinen Rückruf und unglücklicher Weise fand ich mich dann doch auf der Anzeigetafel wieder… in einem späteren Antrag auf Wiedergutmachung an Land stellte sich dann heraus, dass ich doch, wie ich angenommen hatte, keinen Frühstart hatte. (Ich erhielt dafür eine errechnete Ersatzstrafe von 1,5 Punkten. (RDG))
Auf dem Wasser war mein Rauswurf natürlich erst mal eine Pleite, gerade da es nicht besonders warm war, doch ich nutze die Zeit für ein bisschen „Tourismus“ und fuhr segelnder Weise um die „legendären“ 1960er- Ölbohrplattformen in der Greifswalder Bucht, die nur unweit von unserem Regattagebiet entfernt lagen. Etwas zurückhaltender beim letzten Tagesstart fuhr ich noch einen 2. Platz ein.

Am Samstagabend folgte ein toller Meisterschaftsabend, mit einem riesigen Buffet, vielen netten Gesprächen und ein bisschen Tanz (der zweite Segeltag war lang und richtige Energie zum Tanzen war nicht mehr vorhanden) in der Bootshalle des ASV zu Greifswald.

Mit leicht gelockerten Beinen ging es bei 16-20 Knoten Wind aus West mit einem 4. Platz in den vorletzten Segeltag. In der Nacht zuvor träumte ich von einem „schlechten letzten Segeltag“, sodass der 4. Platz im ersten Tagesrennen ein kleiner Dämpfer für mich war und den Traum quasi zu einem  reellen „Albtraum“ machte… doch ein 4. Platz war noch lange kein nötiger Streicher.

Im achten Rennen lieferten die zu dem Zeitpunkt führende Linda Hensel und ich uns dann ein heißes Kopf-an-Kopfrennen im strömenden Regen und einer hammermäßigen Bö auf den letzten 200 Metern. Ich schaffte es mich mit meiner schnellen Vormwindtechnik gegen sie durchzusetzen und fuhr einen weiteren Sieg auf meinen Punktekonto.
Im dritten Tagesrennen verließen mich dann einfach ein wenig die Kräfte. Wie sagte Papa so schön:

„Und dann musstest du auch noch unbedingt versuchen in der 26-Knoten hammer Böe deine Halse zu fahren…!“ …natürlich legte ich mich lang… hatte das Boot aber auch sehr schnell wieder aufgerichtet, doch trotz dessen wurde ich in dem Rennen „nur“ noch Fünfte. An Land verkündet ich im WoMo dann lauthals, dass ich mit diesem „schlechten Segeltag“ denn nun das Trauma für diese Meisterschaft schon abgehakt hätte.

Vor dem Finaltag hatte ich mir eine Führung von 12 Punkten vor Gesa Papenthin (PYC) und Laura Schewe (KYC) aufgebaut. Berechnungen zu folge musste ich nur noch in einem Rennen einen 8. Platz nach Hause bringen, dann hätte ich, ohne weitere Vorfälle und Proteste, die Meisterschaft sicher.

Aber am Finaltag kostete es dann noch einmal ganz schön Nerven…

Das zehnte bzw. erste Final- Rennen war auf jeden Fall das spannendste der Meisterschaft: auf den Vormwindkursen fuhren die ersten sieben Seglerinnen alle auf top Niveau, sodass es immer wieder zu einer heftigen Durchmischung kam.
Papas Debrief-Kommentar auf dem MoBo, nachdem Nils ihn während des Rennens schon ein wenig beruhigt hatte: „Das Rennen hat mich echt Nerven gekostet, nach deinem Opti B- 2.-Reihe-Start… dann noch deine Anfänger-Wende nach der du erst mal standest…“  Nach meinem grottigen Start erreichte ich die erste Luvtonne an Position 7, purer Kampf folgte, doch die Durchmischung auf dem letzten Vormwind in Kombination mit meiner guten Vormwindtechnik „rettete“ mich dann noch auf Platz 5 ins Ziel, sodass ich quasi schon vor dem letzten Rennen meinen Meistertitel sicher hatte (…eine grobe Unsportlichkeit oder ähnliches wollte ich mir ja nicht noch erlauben! ;-P ).

Vermutlich war ich in dem ersten Tagesrennen einfach ein wenig zu entspannt gewesen, aber mit einem letzten 2. Platz in meiner Serie wurde ich mit 9,5 Punkten Vorsprung Deutsche Meisterin der ILCA-Dinghys 2022. Silber gewann Laura Schewe (KYC) und Bronze ging an Gesa Papenthin (PYC).

Die Freude auf dem Heimweg gen Hafen, am Regattakurs vorbei, war riesig, denn auch Lukas konnte mit einem Tagessieg seine Meisterschaft erfolgreich beenden.

Während alle Segler*innen packten wurde zwischen dem Zweit- und Drittplatzierten des ILCA 6 Men Fleets noch ein Lee-vor-Luv-Protest ausgehandelt. Lukas war bis dato Vierter, als die Protestentscheidung dann veröffentlicht wurden, brachen die Dämme: Lukas stand zur Preisverleihung mit auf dem Treppchen – Bronze!!!
Hannah Marie Breitenstein erkämpfte sich am letzten Tag noch wohlverdient auf Platz 14 vor.

Eine wirklich erfolgreiche Meisterschaft für die SLSV-ILCA/Laser-Gang, mit insgesamt 5 Tagessiegen, einer Bronze- und einer Gold-Medaille 😊😊😊

Noch habe ich meinen Hattrick gar nicht richtig realisiert, aber ich denke das kommt mit der Zeit. Eins ist aber ganz sicher: ohne mein geniales Shore-Crew Team und meine Coaches auf dem MoBo wäre mein dritter Deutsche Meisterinnentitel vermutlich nicht möglich gewesen. Ich bin unglaublich dankbar für diese wundervolle Unterstützung.

Allgemein war es eine richtig toll organisierte Meisterschaft im Greifswalder Yacht-Club, mit ganz viel Liebe und Herzblut, netten Organisatoren und einem super leckeren Meisterschaftsbuffet.

Was kommt nun; die Tage werden schon wieder kürzer, das Wetter wieder rauer und kälter und dennoch ist die Saison für mich noch nicht ganz vorbei. Im November werde ich zur Europameisterschaft (14.-21.11.) nach Hyères/Südfrankreich fahren und mich dort für das Jahr 2022 ein letztes Mal mit der internationalen Konkurrenz messen. Ganz anders als gewohnt, bleibt das WoMo (Wohnmobil) dann zu Hause im Winterschlaf, da dort zu dem Zeitpunkt eh keine Campingplätze mehr geöffnet haben. Dicke Segelsachen werden dann auf jeden Fall auch mit im Gepäck sein; man sollte denken, dass es dort im Süden noch schön warm sein muss, aber die Durchschnittstemperatur beträgt meist nur so um die 12°C. Aber das ist ja kein Problem für mich, wo ich die letzten Winter ja immer durchgesegelt bin…  😉

Eure Pia